RCS, die Dezentrale Alternative zu Big Tech.
RCS: Die E-Mail des modernen Messagings
Wenn wir heute an Messenger denken, fällt uns sofort WhatsApp oder Telegram ein. Für die Usa spielt außerdem iMessage noch eine große Rolle. Doch diese Dienste haben etwas gemeinsam: Sie gehören einem einzelnen Unternehmen und funktionieren nur innerhalb dessen abgeschotteten Systems.
Doch es gibt eine Alternative, die vielen kaum bekannt ist: RCS (Rich Communication Services).
RCS vs. WhatsApp & Telegram: Daten, Kontrolle und Vertrauen.
Wir leben in einer Welt, in der Messenger nicht nur Kommunikationswerkzeuge sind, sie sind Datenmaschinen. WhatsApp, Telegram und andere Dienste sitzen auf gewaltigen Mengen an Informationen über uns. Doch was passiert mit diesen Daten? Und wie steht RCS als offener, dezentraler Standard im Vergleich da?

WhatsApp: Ende-zu-Ende-Verschlüsselung, aber Datenhunger
WhatsApp wirbt gerne mit Sicherheit – und tatsächlich sind Chats mit Ende-zu-Ende-Verschlüsselung geschützt. Aber Metadaten (wer mit wem, wie oft, wie lange, von welchem Gerät, mit welchem Standort) werden systematisch gesammelt. Diese Daten sind für Meta bares Geld: Sie fließen ins Werbesystem, zusammen mit Facebook und Instagram-Informationen. Dazu kommt: Als US-Unternehmen unterliegt Meta dem CLOUD Act. Das bedeutet: Auf Anordnung können Daten an US-Behörden herausgegeben werden auch wenn der Nutzer in der EU sitzt. WhatsApp ist Closed Source niemand außerhalb von Meta weiß genau, was im Code passiert. Vertrauen basiert hier auf Versprechen.
Telegram: Viel Offenheit, wenig Sicherheit
Telegram hat den Ruf, „frei“ und „unkontrolliert“ zu sein. Doch ein genauer Blick zeigt Schwächen: Standard Chats sind nicht Ende-zu-Ende-verschlüsselt. Nur „Geheime Chats“ bieten E2EE. Alle normalen Nachrichten liegen im Klartext auf Telegram-Servern. Telegram ist nicht Open Source im Server-Bereich – niemand weiß, was im Backend genau läuft. Die Firma sitzt in Dubai, Finanzierung und Geschäftsmodell sind intransparent. Datenweitergabe ist nicht ausgeschlossen, und staatlicher Druck wäre jederzeit möglich. Telegram vermittelt Freiheit, gibt aber faktisch sehr viel Kontrolle ab und Nutzer haben keine Transparenz.
Kleiner exkurs:
Warum Telegram in Sachen Vertrauen extrem zwiespältig ist.
2018 sollte Telegram in Russland verboten werden, weil Gründer Pawel Durow sich weigerte, den russischen Behörden Schlüssel zur Entschlüsselung der Chats zu übergeben.
Der Bann war formal beschlossen, aber in der Praxis kaum durchsetzbar Telegram blieb durch VPNs und technische Tricks erreichbar. 2020 plötzlich die Kehrtwende: Das Verbot wurde aufgehoben, und seitdem gibt es sogar offizielle Regierungs Kanäle auf Telegram (z. B. vom russischen Gesundheitsministerium oder Kreml-nahen Medien). Das wirkt natürlich merkwürdig und nährt die Spekulation:
Hat Telegram im Hintergrund doch Zugeständnisse gemacht? Wird der Dienst „geduldet“, weil er sich politisch instrumentalisieren lässt? Oder ist Telegram für Staaten nützlich, weil es so zentralisiert ist (ein Unternehmen, ein Server Backend, keine echte Dezentralität)?
Das Spannende: Telegram ist weder Open Source im Server Bereich, noch unterliegt es einer transparenten Aufsicht. Wir können nicht überprüfen, ob Chats sicher sind, ob Daten herausgegeben werden oder ob es stille Deals gibt.
Telegram ist das Paradebeispiel dafür, wie unsicher man bei geschlossenen Systemen sein kann: Heute angeblich „verboten“, morgen schon offizieller Regierungskanal. Was im Hintergrund läuft, weiß niemand.
Das unterstreicht schön den Kontrast zu RCS als offenem, dezentralem Standard, wo es nicht von einem Anbieter abhängt, ob Regierungen mitspielen oder nicht.
Aber nun zurück zu RCS
RCS mehr als nur SMS 2.0
RCS ist der offizielle Nachfolger der SMS/MMS, entwickelt von der GSMA, einem weltweiten Zusammenschluss von Mobilfunkanbietern und Geräteherstellern.
Funktionen wie Lesebestätigungen, TippIndikatoren, hochauflösende Bilder und Videos, Standortfreigabe oder Gruppen Chats alles, was man heute von WhatsApp kennt sind bereits Teil des Standards.
RCS ist wie E-Mail, offen und dezentral
Der große Unterschied zu WhatsApp oder iMessage: RCS gehört niemandem allein.
- Jeder Mobilfunkanbieter kann seine eigenen RCS-Server betreiben.
- Jeder Hersteller kann eigene RCS-Apps entwickeln.
- Nutzer verschiedener Anbieter können trotzdem miteinander schreiben.
Das erinnert stark an E-Mail:
- Es gibt Gmail, GMX, Posteo, Outlook – doch am Ende kann jeder jedem schreiben, ganz unabhängig vom Anbieter.
- Genau so funktioniert RCS: Dein Anbieter kann die Infrastruktur bereitstellen, aber die Technik ist ein gemeinsamer, offener Standard.
Damit ist RCS von Natur aus dezentral – im Gegensatz zu WhatsApp, das nur auf Metas Servern funktioniert.
Als EU-Provider könnten Betreiber verpflichtet sein, die DSGVO einzuhalten – also Daten minimal zu speichern, transparent zu verarbeiten und nicht für Werbung zu missbrauchen.
Wichtig: RCS kann so datenschutzfreundlich wie E-Mail oder Telefonie sein – die Verantwortung liegt bei den Providern.
Warum Google so präsent ist
Viele Provider waren träge bei der Umsetzung. Google hat deshalb mit Jibe eine eigene RCS-Plattform aufgebaut. Das erklärt, warum heute viele RCS-Nachrichten über Google-Server laufen.
Das bedeutet aber nicht, dass Google „RCS besitzt“ – sie sind momentan nur der größte Dienstleister, ähnlich wie Gmail im E-Mail-Bereich. Und genauso, wie niemand gezwungen ist, Gmail zu nutzen, müssen Provider langfristig nicht auf Google setzen.
RCS in Deutschland
In Deutschland unterstützen Telekom, Vodafone und O₂ RCS direkt. Bei 1&1 fehlt es aktuell noch.
- Wer ein Pixel-Smartphone nutzt, läuft oft über Googles Jibe.
- Mit Provider-Konfiguration ist auch eine direkte Verbindung über die Netzinfrastruktur möglich.
Sicherheit und Verschlüsselung
Google Messages bietet bereits Ende-zu-Ende-Verschlüsselung in 1:1-Chats, Gruppen-Chats folgen nach und nach. Apple wird RCS ab iOS 18 einführen, allerdings zunächst ohne E2EE.
Wie bei E-Mail gilt: Der Standard ist offen, doch nicht jeder Anbieter setzt sofort alle Features um.
RCS ist der erste ernsthafte Standard, der die Macht der geschlossenen Systeme aufbrechen kann:
RCS als Chance für Europa
Wenn wir in Europa ernsthaft über digitale Souveränität und Datenschutz sprechen, führt kein Weg an offenen Standards vorbei.
WhatsApp und Telegram sind Black Boxes, deren Geschäftsmodell (Meta) oder Infrastruktur (Telegram) auf Intransparenz und Fremdkontrolle beruhen.
RCS dagegen könnte – ähnlich wie E-Mail – ein europäisch kontrollierter Kommunikationsstandard sein, der den Anforderungen der DSGVO gerecht wird.
Noch ist RCS nicht perfekt: Google dominiert mit seiner Jibe-Infrastruktur, und Apple will vorerst ohne Verschlüsselung einsteigen. Aber das ändert nichts am Kern:
RCS ist dezentral, offen und damit die wohl beste Chance auf einen Messenger-Standard, der nicht auf Datenverkauf oder staatlicher Totalüberwachung basiert.
Wenn wir in Europa ernsthaft über digitale Souveränität und Datenschutz sprechen, führt kein Weg an offenen Standards vorbei.
WhatsApp und Telegram sind Black Boxes, deren Geschäftsmodell (Meta) oder Infrastruktur (Telegram) auf Intransparenz und Fremdkontrolle beruhen.
RCS dagegen könnte, ähnlich wie E-Mail,ein europäisch kontrollierter Kommunikationsstandard sein, der den Anforderungen der DSGVO gerecht wird.
Noch ist RCS nicht perfekt: Google dominiert mit seiner Jibe-Infrastruktur, und Apple will vorerst ohne Verschlüsselung einsteigen. Aber das ändert nichts am Kern:
RCS ist dezentral, offen und damit die wohl beste Chance auf einen Messenger-Standard, der nicht auf Datenverkauf oder staatlicher Totalüberwachung basiert.
Bild1: oatawa/Shutterstock.com